Der große Lauschangriff
– oder wie viel Überwachung hätten wir gerne?
Das Abhören von Millionen von Telefonaten rechtfertigt der amerikanische Geheimdienst NSA mit dem Schutz der nationalen (amerikanischen) Sicherheit. In Deutschland wird auch abgehört, zwar etwas restriktiver, aber im Grunde geben die Gesetze, die unser Land vor dem Terror schützen sollen, dem Staat die Legitimation dazu.
Die Angst vor dem Überwachungsstaat ist in Zeiten von Facebook und Twitter aber maßlos überzogen, denn wir geben ja schon öffentlich so viel freiwillig von uns preis, dass es nahezu ein Kinderspiel ist, daraus verwertbare Informationen zusammen zu tragen.
Heute lässt sich anhand von Kontakten, besuchten Schulen, ehemaligen Arbeitgebern, „I Like´s“ – Gruppenzugehörigkeiten und Vereinsmitgliedschaften allein aus Facebook ganz einfach von fast jedem ein aussagekräftiges Profil erstellen – und das in Minuten. Was früher Geheimdienste, wie die Stasi der DDR oder der israelische Mossad mühsam durch Verhöre, innoffizielle Mitarbeiter und schnüffeln im Abfall herausfinden mussten, da schaffen wir heute selbst freizügig Transparenz.
Erinnert man sich da noch an die Proteste von Datenschützern bei der Einführung der Krankenkassenkarte, klingen diese im Nachhall fast schon naiv und wie aus einer anderen Welt. Und tatsächlich, die Zeiten haben sich geändert. Von wegen, Big Brother is watching you. Heute performen wir unser eigenes Privatsphären-Striptease auf Facebook, Wer Kennt Wenn, Xing, Twitter und Co.
Wer seinerzeit froh war, seinen Namen das erste Mal im Telefonbuch stehen zu sehen, war spätestens dann davon genervt, wenn er nach der Vermarktung dieser Information durch Drittunternehmen zu Werbezwecken mit Altpapier im Briefkasten zugemüllt wurde. Nichts anderes macht der amerikanische Geheimdienst heute mit seiner neuen Software PRISM. Als Drittnutzer von öffentlich zugänglichen Daten schafft diese Software die Verknüpfung von Einzelinformationen zu einem komplexen Profil. Quasi ein nicht vom Verbraucher gewünschter, aber dennoch legaler Synergieeffekt. Man kann es lieben, man kann es hassen, aber ändern kann man es nur durch das Unterlassen der Teilnahme bei sozialen Netzwerken. Doch wer will das schon?